1. Thüringisches Feldartillerieregiment Nr.19
Kleine Übersicht über die Geschichte, Bewaffnung und Ausrüstung der preußischen Feldartillerie am Beispiel des 1. Thüringischen Feldartillerieregiments Nr.19
Die Geschichte der Artillerie vollzog sich im Spannungsfeld der wirtschaftlich-technischen Entwicklung und den Anforderungen der militärischen Taktik! Die Möglichkeiten und Grenzen ihres Einsatzes wurden von verschiedenen Faktoren bestimmt, wie z.B. der Güte des Geschützmaterials, der Größe und dem Gewicht der Kanonen. Die Beweglichkeit im Gelände litt oftmals an den Dimensionen der Rohrwaffen.
Ihre erste Blüte erreichten die „Stücke“ und „dicken Büchsen“ im 16.Jahrhundert, als sie bei der Belagerung von Städten und Burgen eingesetzt wurden. Ihrer Größe und ihrem Gewicht zu folge, wurden sie stationär verwendet. Die sogenannten „Legestücke“ besaßen keine Radlafetten und wurden mittels Balken und Holzpflöcken in ihrer Lage verankert. Eine Verwendung in einer offenen Feldschlacht war, wenn überhaupt, nur sehr schwierig möglich. Trotz Pulver und Blei behielten die „Panzerreiter“ weiter ihre Bedeutung. Zudem war die Herstellung einer guten, vor allem gleichbleibenden Pulverqualität ein großes Problem . Selbst beim Transport konnte das mechanische Gemisch aus Holzkohle, Salpeter und Schwefel durch das Durchrütteln, auf den holprigen Chausseen, wieder in seine einzelnen Bestandteile zerfallen, weshalb es oftmals erst vor Ort gemischt wurde. Die Pulverkörner waren noch nicht mit einer Graphitschicht überzogen wie bei heute gebräuchlichem Jagdschwarzpulver.
Weitblickende Monarchen und Heerführer erkannten dennoch das große Potential dieser jungen Waffengattung! Die fortschreitende Entwicklung im Gießerei- und Hüttenwesen, sowie aller anderen zur Geschützherstellung notwendigen Handwerksbereiche, ermöglichten gerade auch Friedrich dem Großen die erfolgreichen Operationen während des siebenjährigen Krieges. ULTIMA RATIO REGIS; lautete der Schriftzug auf den preußischen Geschützrohren und bezeichnete, für jeden ersichtlich, die hohe Bedeutung der Artillerie als „das letzte Wort des Königs!", was durchaus auch als Drohung zu verstehen war.
Im Jahre 1815, kurz nach dem Ende der Befreiungskriege, wurden einzelne Artilleriebrigaden in der preußischen Garnisons- und Festungsstadt Erfurt angesiedelt. Nach mehreren organisatorischen und strukturellen Veränderungen, z.B. die Trennung in Festungs- und Feldartillerie durch eine allerhöchste Kabinetts-Order vom 20.11.1851, wurde aus ihnen am 7. Mai 1874 das 1. Thüringische Feldartillerieregiment Nr. 19 errichtet. Einen weiteren großen Einschnitt brachte die 1899 durchgeführte Teilung des Regiments. Die nach Naumburg abzugebenden Abteilungen bildeten das neue FAR Nr. 55. Die in Torgau stationierte ehemalige 3. Abteilung trat zu dem neu errichteten FAR Nr. 74 über. Stammbrigaden und das spätere Regiment wurden in den meisten Feldzügen des Königreiches Preußen, zu dessen Armee sie gehörten, verwendet. 1848 halfen die Batterien, die Aufstände in Baden zu unterdrücken.. Selbst in ihrer Garnison Erfurt mussten sie Auffahren, um „Ruhe und Ordnung“ zu erzwingen. Während des Krieges um Schleswig-Holstein nur in Alarmbereitschaft versetzt, erhielten die Geschütze erst zwei Jahre später auf dem böhmischen Kriegsschauplatz ihre eigentliche Feuertaufe. Im Verband der 1. Armee kämpften die Artilleriebrigaden in Blumenau, Münchengrätz und Königgrätz . Die Ereignisse des Jahres 1870 beendeten die nachfolgende kurze Friedenszeit. Eingegliedert in die 2. Armee, später in die Maasarmee, griffen die Abteilungen in das Geschehen bei Toul, Beaumont sowie Sedan ein und schlossen sich den Belagerungstruppen vor Paris an. Der schwerste und verlustreichste Einsatz des Regiments, begann mit dem Jahr 1914. Bedingt durch die personelle und materielle Unterlegenheit, reisten die Abteilungen von Front zu Front. Nach der Einnahme von Namur fuhr man per Bahn sofort zur Schlacht an den masurischen Seen. Etwas später wanderte das Regiment über die Schlachtfelder Südpolens in die litauischen Sümpfe, bevor es wieder auf den westlichen Kriegsschauplatz verlegt wurde. Verdun-Somme-Flandern sind Schlachtennamen, hinter denen sich unendlich viel persönliches Leid und Schmerz verbirgt.
Der Sturz der Monarchie brachte auch das Ende des Artillerieregiments Nr. 19. Es wurde nach seiner Rückkehr nach Erfurt aufgelöst.
Übersicht über verwendetes Geschützmaterial aller Formationen des Regiments
(Daten entnommen aus der „Regimentsgeschichte des FAR 19- Mannschaftsausgabe von 1904)
- 1813-15: sechspfündige Kanonen, siebenpfündige Haubitzen
- in den Jahren nach den Befreiungskriegen allmähliche Einführung von Geschützen C/16, entwickelt aus glatten bronzenen Vorderladern der vorangegangenen Feldzüge , durch verkürzen und leichter machen der Rohre, dem Anbau von eisernen Achsen an den Holzlafetten, und Anbringung einer zweckmäßigeren Richtvorrichtung
- 1815-51 im Frieden bespannte sechspfündige Kanonen, im Kriege wiederum sechspfündige Kanonen sowie sieben- und zehnpfündige Haubitzen. Vor der Trennung von Feld- und Festungsartillerie wurden in jedem 3. Jahr Festungsgeschütze geführt. Offiziere und Bedienmannschaften wurden an beiden Geschützarten ausgebildet, um im Bedarfsfall dem Einsatzzweck entsprechende Abteilungen zusammenstellen zu können.
- durch AKO vom 13.01.1841 Einführung der Kammerschrapnell für 6 u. 12pfündige Kanonen, sowie 1847 für alle Kaliber, zweilötige Kartätschen fallen weg
- 1853 Abschluß der Übernahme der neuen C/42 in die preussische Armee, neben vielen anderen Neuerungen wurden an den Lafetten und Fahrzeugen Hemmschuh und Hemmkette angebracht
- 1851-65 sieben- und zwölfpfündige Haubitzen
- 1859-60 glatte zwölfpfündige Kanonen C/42
- 1862-65 kurze zwölfpfündige Kanonen
- 1860-74 gezogene sechspfündige Kanonen C/42
- 1865-69 gezogene vierpfündige Kanonen C/64
- 1869-74 gezogene vier- und sechspfündige Kanonen C/67
- ab 1874 schwere Feldkanonen C/73 sowie C/73 mit Rohren C/91
- zu Beginn des 1.Weltkrieges: Feldkanone 96nA im Kaliber 7,7cm mit Schutzschild und Sitzen für die Bedienung und die leichte Feldhaubitze 98/09 m Kaliber 10,5cm mit Rohrrücklauf, Es konnte zwischen 7 verschiedenen Ladungen gewählt werden.
- 1917 Umstellung auf die Feldkanone 16 und die leichte Feldhaubitze 16 ebenfalls in den Kalibern 7,7 und 10,5cm
Termine
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