Telegraphen-Bataillon Nr. 2 - Frankfurt/Oder
Der Erfolg militärischer Operationen hängt sehr stark vom Überblick, den der das Gefecht leitende über Stärke und Standort der Beteiligten hat, ab. Reichte früher wegen der räumlichen Begrenzung eines Gefechtes hierzu ein erhöhter Punkt und optische Hilfsmittel aus, so änderte sich dies spätestens mit dem Anwachsen der Heere und der räumlichen Ausdehnung der Operationen bis zu den Kriegen von 1866 und 1870/71. Der Truppenführer war gezwungen die Operationen von langer Hand und aus der Ferne zu leiten. Von einer militärischen Nachrichtenformation kann man erstmals während des Amerikanischen Sezessionskrieges sprechen, in dessen Verlauf die Union das „Signal Corps“ aufstellten, das erstmals am 13. Dez. 1862 bei der Schlacht bei Fredericksburg im feindlichem Feuer arbeitete und sich während des ganzen, über einen sehr ausgedehnten Kriegsschauplatz erstreckenden, Ringens hohe Anerkennung erwarb. Hier zeigte sich bereits die Hauptaufgabe jedweden militärischen Fernmeldedienstes, die Nachweisung der gegnerischen Truppenbewegungen und die entsprechende Disposition der eigenen Mittel über weite Entfernung.
In Preußen wurde schon im Jahre 1830 beim Garde-Pionier-Bataillon eine Sektion für optische Telegraphie gebildet, beim Bau der Linie Berlin – Magdeburg beschäftigt und 1833 wieder aufgelöst. Die relativ schnelle Auflösung erklärt sich aus der in der starken Wetterabhängigkeit begründeten mangelnden Kriegsbrauchbarkeit der optischen Telegraphie.
Am 17.Oktober 1854 und 15.September 1855 wurden erste Versuche mit Feldtelegraphenleitungen von einer aus Telegraphenarbeitern und Infanteristen gebildeten kleinen Abteilung gemacht. Aufgrund der hierbei gewonnenen Erfahrungen wurde 1856 dem Garde-Pionier-Bataillon die Erprobung eines Feld-Telegraphen-Apparates übertragen. Das Auftreten eines solchen Apparates während des Herbstmanövers des Gardekorps, wobei in Anwesendheit des Königs die erste Leitung gebaut wurde, erregte großes Aufsehen und noch im selben Jahr kam es zur Anschaffung der für 2 Feldtelegraphen-Abteilungen notwendigen Ausstattung. Während die 1859 mobilgemachten Abteilungen, wie das ganze Heer, nicht zum Einsatz kamen, konnten sie sich 1864 beim Deutsch-Dänischen Krieg in Schleswig-Holstein sehr nützlich machen. Es gelang den Abteilungen u. A. die Erstürmung jeder einzelnen Düppeler Schanze in 10 bis 12 Minuten direkt in das Königliche Palais zu Berlin zu melden. Es kam hiernach zur Aufstellung zweier weiterer Abteilungen, für die das Material 1865 und 1866 angeschafft wurde, allerdings ohne Personalstamm, weshalb 1866 und 1870 dieses durch das Garde-Pionier-Bataillon gestellt werden musste.
Die 4 Feldtelegraphen-Abteilungen waren 1866 ausschließlich für den Neubau und Betreib von Leitungen im Bereich der operierenden Armee bestimmt; die Beaufsichtigung, Inbetriebnahme und nötigenfalls Wiederherstellung der auf dem Kriegsschauplatz vorgefundenen Leitungen sollten 3 Feldtelegraphen-Inspektionen übernehmen. Sie verfügten aber weder über Personal noch Material und mussten beides von der Staats-Telegraphie heranziehen oder beitreiben. Trotz dieser wenig günstigen Ausgangslage, waren die Leistungen sehr bedeutend. Abgesehen von der Vervollständigung des eigenen Netzes schon während der Mobilmachung, wurden auf feindlichem Gebiet im Ganzen 348 Meilen Leitung neu angelegt, 925 Meilen Zerstörte wieder hergestellt. Allerdings führte GFM Moltke die Gefechte noch "aus dem Sattel". Die im Zuge dieses Feldzuges gemachten Erfahrungen führten trotzdem zu einer gründlichen Umorganisation der Feldtelegraphie. Man grenzte den militärischen Bereich schärfer vom der Ziviltelegraphie ab und vermehrte die Feldformationen.
Mit dem Ausbruch der Feindseligkeiten gegen Frankreich 1870 wurden 5 Feldtelegraphen-Abteilungen und 3 Etappen-Telegraphen-Abteilungen mobil gemacht. Das große Hauptquartier, die 1. und 3. Armee erhielt je eine und die 2. Armee zwei Feldtelegraphen-Abteilung zugeteilt, während die Etappen-Abteilungen den General-Etappen-Inspektionen zugewiesen wurden. Zusätzlich hatten die Bayern eine Etappen- und für ihre zwei Armeen je eine Feldtelegraphen-Abteilung, Württemberg besaß eine Abteilung, wobei diese weniger Material und Personal hatten wie die preußischen Formationen. Im Laufe des Septembers wurden für noch je zwei weitere Feld- und Etappen-Formationen zur Deckung des Bedarfes der neu aufgestellten drei Armeen gebildet. Außerdem wurden zur Entlastung der Staatstelegraphie Kriegs-Telegraphen-Direktionen in Nancy, Epernay und Lagny errichtet. Bis zum Ende des Krieges erreichten die Leitungen der Feldtelegraphie die Ausdehnung von 10 830 km mit 407 Stationen, davon 8252 km wieder hergestellter französische, 798 km provisorische Etappen- und 1780 km Feldleitung, während die Staatstelegraphie auf französischem Boden 12 500 km Leitung mit 118 Stationen in Betrieb erhielt. Man erkannte schon damals, das die Beherrschung des, eine bis dahin nicht gekannte Ausdehnung erlangte, Operationsgebiet der Armeen nur mittels Telegraphen möglich war, auch wenn vielfach noch mit den traditionellen Mitteln wie Winker und Meldereiter gearbeitet wurde. Allerdings wurde auch nach diesem Krieg kein eigener Personalstamm für den Telegraphen Dienst geschaffen. Erst am 1. April 1887 kam es beim Garde-Pionier-Bataillon zur Formierung einer fünfte Kompanie besonders für diesen Zweck und zugleich zur Errichtung der Militär-Telegraphenschule.
Am 1. Oktober 1896 wurde die 5. Garde-Pionier-Kompanie als Telegraphenlehrkompanie mit der Telegraphenschule vereinigt, damit wurde sie zur ersten preußischen Telegraphentruppe im Frieden. Am 25. März 1899 befahl Kaiser Wilhelm II die Errichtung von 3 Telegraphenbataillonen, die am 1. Oktober aus der 5. Komp. Garde Pioniere und den bei der Telegraphenschule ausgebildeten Mannschaften der Infanterie und Pionieren zusammengestellt wurden. Damit war das Fernmeldewesen auch im Frieden als eigenständige Spezial-Waffe als Teil der neu gebildeten Verkehrstruppen aus der allgemeinen Pionierwaffe herausgelöst. Es war dies auch ein Ergebnis der zunehmenden Spezialisierung und Diversifizierung der Pionierwaffe, die längst über ihre Gründungsaufgabe als "Schipper" und "Wegbereiter" der Infanterie hinausgewachsen war. Wie alle Teilwaffen der sog. "Verkehrstruppen" erfolgte die Aufstellung der Stämme vor allem aus Abgaben der bisherigen Pionierwaffe. Die als Standort-Kompanien des TB2 bestimmten Kompagnien 1 bis 4 lagen in Frankfurt (Oder), die 1906 gebildete 5.(Funker-)Kompanie lag in Cottbus. Gleichzeitig war auch die 4.Kompagnie zur Funker-Kompanie geworden.
Struktur der Telegraphentruppen
Nach mehrmaligen Umstrukturierungen und Neubildungen der Einheiten ergab sich der folgende Aufbau:
Die preußischen Telegraphentruppen (1. Oktober 1913)
Mittel der Nachrichtenübertragung:
Jedes Bataillon bestand unter anderem aus drei Kompanien, die mit blankem Draht auf schwachen feldmäßigen Stangen oder mit Kabel auf Bäumen Leitungen bauten und sie mit Morseapparaten telegraphisch oder mit sogenannten "Patrouillenapparaten" telephonisch betrieben. Seit 1897 beschäftigte sich das Luftschifferbataillon mit funktelegraphischen Versuchen und in den Jahren 1900 bis 1905 rückten auch bereits einzelne fahrbare Funkstationen mit ins Manöver, aber erst 1905 wurde beim Telegraphen-Bataillon 1 eine Funkerkompanie aufgestellt. Daneben hatten die Telegraphen-Bataillone "Lichtsignalgeräte", d. h. Azetylensauerstofflampen und Heliographen, mit denen man Morsezeichen als Lichtblitze geben, also "blinken" konnte. Damit überbrückte man am Tage Entfernungen von bis zu 50 km und in der Nacht zwischen 100 und 150 km.
In den Festungen befanden sich unter dem Kommando von Wallmeistern der Festungsbaupioniere ständige Brieftaubenschläge.
Ein weiterer Aufgabenbereich der Nachrichtentruppe war das Meldehundwesen. Meldehunde beförderten Schriftstücke, Befehle und Skizzen. Mit besonderen Tragevorrichtungen überbrachten sie Brieftauben, Verbandszeug und Schießbedarf. Leichtes Feldkabel verlegten sie bis zu einer Entfernung von 500 Metern.
Uniformierung:
Da die Telegraphentruppe aus der Pionierwaffe hervorgegangen war, trug sie auch deren Uniform; (dunkelblauer Uniformrock, schwarze Truppenfarbe und weiße Knöpfe). Die ehemaligen Pioniersoldaten trugen als Zeichen der Zugehörigkeit zur Telegraphentruppe auf ihren roten Schulterklappen ein senkrecht stehendes, gelbes Blitzbündel mit der Bataillonsnummer als römische Ziffer aus gelber Plattschnur und ab 1911 dann auf grauen Schulterklappen ein verschlungenes rotes "T" mit arabischer Ziffernbezeichnung, wobei die alten Uniformsstücke aufgetragen wurden.Der anfangs von den Telegraphisten bzw. Funkern, wobei der Mannschaftsdienstgrad eigentlich "Pionier" war, getragene Helm wurde 1907 durch den Jägertschako ersetzt.
Ausrüstung:
Noch bis 1906 war der planmäßige Dienstbetrieb nur auf Telegraphen vorgesehen, in die man auch bei Bedarf gelegentlich Fernsprecher einschaltete. Erst mit der allgemeinen Verbreitung des Fernsprechwesens wurde er auch im Heer eingeführt. Allerdings waren die ersten Geräte nicht mit dem zivilen Material kompatibel. Während bei der Post der Ruf mittels eines Wechselstrominduktors ausgelöst wurde, geschah diese beim Heer mittel eines Potentialsummers, der wiederum einen hochfrequenten Wechselstrom induzierte. Auch waren ordonanzmäßig für jede Verbindung zwei Geräte notwendig. Dies zeigte, daß keine großen Netze geplant waren. Aus heutiger Sicht interessant ist der grundsätzlich einadrige Aufbau der Fernsprechverbindungen, obwohl die Post schon längst zweiadrig baute. Erst im Weltkrieg ging man wegen der Abhörgefährdung doch zum zweiadrigen Bau über.
Während bei dem Fernsprechgerät schon eine gewisse Einheitlichkeit vorhanden war, wurde bei der "Funkentelegraphie" noch kräftig gebastelt und ausprobiert. Erst mit der Entwicklung des "Löschfunkensenders" war das Gerät einigermaßen im Felde brauchbar und der vorher "gedämpft" Funkimpuls wurde "ungedämpft". Auch konnte man mit ihm erstmals auf versch. Wellenlängen senden, womit selektiver gefunkt werden konnte. Es zeigte sich, wie bei der Marine, daß die "Funkerei" übereilt eingeführt worden war.
Zur grundliegenden Ausrüstung gehört natürlich das Feldkabel, der Fernsprecher und das dazugehörige Kleinwerkzeug (Abspuler; zudem ein zangenförmiges Universalwerkzeug, welches zugleich Hammer, Schraubenzieher, Seidenschneider und ein kleines Beil besaß). Als wichtiges Hilfsmittel wurde die 4,8 m lange Drahtgabel zur Leitungsverlegung verwendet.
typisches Fernmeldewerkzeug / Gerät
Bewaffnung:
Bewaffnet waren die ersten Telegraphentruppen mit dem Gewehr 88 und dem Pionier-Faschinenmesser 71. 1905 gab es dann zum Gewehr 91 das Seitengewehr 98/05 ohne Sägerücken. 1908 verfügte dann das Kriegsministerium als Standardbewaffnung der Telegraphen-Truppe den Karabiner 98 A mit dem kurzen Seitengewehr 98.
Fern der Heimat
An der Niederschlagung des Boxeraufstandes in China 1900/01 nahmen etliche Freiwillige des Telegraphen-Bataillon Nr. 2 teil. In Berlin formierte sich im August 1904 aus Freiwilligen aller Telegraphenbataillone eine Feld-Telegraphenabteilung für die in Südwestafrika gegen die Eingeborenen kämpfende Schutztruppe. Auch dieser folgt am 17.12.1904 eine zweite Abteilung auf dem Seewege. Die Führung der Truppen in den weiten Räumen Deutsch-Südwest-Afrikas wäre ohne technische Nachrichtenmittel nicht möglich gewesen. So wurden durch die Telegraphentruppen eine Vielzahl von Blink- und einige Funkstellen betrieben.
Über Details der Bataillonsgeschichte sowie über den Einsatz des Telegraphen-Bataillone Nr. 2 im Ersten Weltkrieg hat der Verfasser dieser Seite leider keine weitgehenden Information. Sollte darüber ein Leser dieses Artikels Kenntnis haben oder sich in Besitz entsprechender Unterlagen befinden, würden sich die Kameraden unseres Vereins sehr freuen, wenn er sich mit ihnen in Verbindung setzt.
Besonderer Dank gebührt Herrn Mil.Historiker Dipl. Ing.oec. HANS GEORG KAMPE Fernmeldering e.V.
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