7. Thüringer Infanterie Regiment Nr.96

Bei kriegerischen Auseinandersetzungen waren die Herren Reuß zu Flauen, Gera und Schleiz seit dem Konvent zu Leipzig 1630 verpflichtet ein Kontingent von 200 Fußknechte und 100 Reiter für die sächsischen Truppenteile aufzubringen. Die Herrschaft Reuß unterstand damals dem Markgrafen von Meißen. Erst der Beginn des spanischen Erbfolgekrieges 1701 und die daraufhin 1702 erfolgte Kontingentzusammenlegung von Reuß und Schwarzburg machte aus den bisherigen Truppenteilen einen selbständigen Truppenkörper. Das Regiment bestand aus 4 schwarzburgischen und 2 reußischen Kompanien, insgesamt 1000 Mann, davon 333 reußische. Zur Umformierung der Truppe gehörten damals weiße Röcke mit roten Aufschlägen. Da der Obersächsische Kreis aufgelöst war, wurde das Regiment den Truppen des Fränkischen Kreises angegliedert. Das Regiment rückte noch 1703 ins Feld. Die Truppen standen unter dem Kommando des Prinzen Eugen von Savoyen. Das Regiment nahm u.a. an Gefechten bei Höchstädt 1704, Dillingen und Laningen teil, hatte allein bei den Kämpfen um Donau-Wörth 1/4 Mannschaftsverluste und gehörte zu den Belagerern von Ulm und Ingolstadt. Nach dem Frieden von Rastatt im Oktober 1714 erfolgte eine Teilauflösung und die Beziehung der Standquartiere. Zu dieser Zeit gab es für das Militär noch keine Kasernierung. 1733/34 wurde von kaiserlicher Seite die Wiederaufstellung des "vormaligen Schwarzburg-Reußischen Regiments" verlangt und zwar in Höhe von 2300 Mann. Nach längeren Verhandlungen stellte man zunächst ein Kontingent von 1600 Mann und dann Ersatzmannschaften auf. Die Truppen gingen an den Rhein bei Worms-Phillipsburg und litten dort wochenlang schwer unter Ruhr und anderen ansteckenden Krankheiten.1737 kehrte die Truppe in die Standquartiere zurück, ohne je einen Feind beschossen zu haben. Dennoch waren die Verluste hoch. Der beschwerliche Dienst und die bereits erwähnten Krankheiten rafften viele Soldaten dahin. Bezeichnenderweise war der erste Verstorbene der Regimentsarzt.

Den siebenjährigen Krieg 1756-1763 erlebte Reuß in Neutralität, wurde aber durch die preussischen Truppen Friedrichs des Großen besonders im Unterland schwer drangsaliert. Kaum zu erschwingende Kontributionen, Gera allein zahlte zwischen l Million bis über 3 Millionen Taler (hier schwanken die Quellenangaben) an preussische Truppenteile und zahlreiche, oft Wochen oder Monate dauernde Einquartierungen waren die Folge der Besetzung. Der Landesherr, Heinrich XXX., war allerdings in seiner Schroffheit und Unversöhnlichkeit Preussen gegenüber an der Situation nicht ganz schuldlos. Die reußischen Stände beschwerten sich später vor dem Wetzlaer Reichsgericht über die, die Finanzkraft des kleinen Landes schwer schädigende Haltung des Landesherm. Das reußische Militär war zu dieser Zeit bis auf 12 Mann in jeder Herrschaft entlassen.

Im Krieg gegen die französische Revolution stellte das gesamte Haus Reuß 150 Mann Infanterie, obwohl mehr als das Doppelte gefordert war. Die Truppe fand ihren Einsatz im Frankfurter Festungsdienst. Am 29. Juli 1796 kehrte sie in die Heimat zurück. Zu Beginn der Napoleonischen Kriege 1806 blieben die Fürsten Reuß neutral. Gleichwohl wurden die Stadt Gera und das gesamte Land Schauplatz der Franzosendurchzüge. Bei Saalburg und Schleiz fanden im Oktober 1806 Gefechte statt und am 11. und 12. Oktober 1806 war Napoleon in Gera. 1807 traten auf Druck Napoleons die Fürstentümer Reuß, Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen dem Rheinbund bei. Ihr Beitritt verpflichtete die Herren von Reuß, ein Bataillon von 450 Mann zu stellen. Die Kosten der Anwerbung hatten die Gemeinden zu tragen. Sie beliefen sich allein für Gera auf 5753 Taler. Das Bataillon wurde in Greiz zusammengestellt und marschierte nach Sachsen und Schlesien, kam dann nach Frankfurt/Oder und Berlin und kehrte über Magdeburg in die Heimat zurück, ohne in kriegerische Verwicklungen geraten zu sein.

Tragisch war das Schicksal des reußischen Bataillons im Jahr 1808. Napoleon schickte die reußischen Truppen, nachdem er sie mit Schwarzburgischen, Lippeschen und Waldeckschen Truppen zu einem "Bataillon des Princes" vereinigt hatte, zum Feldzug nach Spanien. Dort wurde das Bataillon fast völlig aufgerieben. Die in England und Schottland gefangenen Offiziere und Mannschaften des reußischen Kontingents erreichten Gera erst im Juni 1814. Bei Ausbruch des Krieges gegen Österreich 1809 wurden Kontingente der Fürstentümer zur "Fürstendivision" zusammengefasst. Das Regiment wurde 1809 in Tirol, 1810 in Spanien und 1812 in Russland eingesetzt. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig traten die Fürstentümer der Allianz gegen Napoleon bei. Reuß stellte 900 Mann an Linientruppen und 4 Kompanien Landwehr auf. Das Bataillon wurde in Schleiz zusammengezogen und erhielt hier eine mit dem reussischen Wappen auf der einen und einem Eichenkranz und dem Motto "Wir bauen auf Gott" auf der anderen Seite gezierte Fahne. Über Bamberg und Würzburg erreichten die Truppen Frankfurt/Main. Am 15. März 1814 trat man den Marsch über Darmstadt, Freiburg und Basel an und rückte Ende April in Grenoble ein. Mitte Juli kehrten sie nach Frankfurt zurück und am 24. August 1814 wurde Schleiz wieder erreicht. Mitte des Jahres 1814 stifteten die Fürsten Reuß ein Militärehrenkreuz, das am schwarz-rot-goldenen Band getragen wurde. Um diese Zeit kam die dreifarbige spätere Landesfarbe, und zwar zunächst für das reussische Militär, in Gebrauch. Als die Fürsten Reuß 1806 dem Rheinbund beitraten und 450 Mann Truppen zu stellen hatten, erhielt die Mannschaft weiße Röcke mit hellblauen Kragen und Aufschlägen, weiße Westen und hellblaue Tuchbeinkleider, die mit schwarz-rot-gelber Schnur besetzt waren. Ebenso war ihre Kopfbedeckung, ein Filztschako, mit solchen farbigen Fangschnüren ausgestattet. Nach Berthold Schmidt wurden diese dreifarbigen Schnüre verwendet, weil sächsische Truppenkontingente schwarz-gelbe Kokarden trugen, also mit den alten Hausfarben der Reußen geschmückt waren. Man beugte also durch die Verwendung der dreifarbigen Schnüre einer Verwechslung mit den sächsischen Truppenteilen vor. Im Jahr 1815 nahm das Bataillon am Feldzug in der Pfalz und an der Belagerung von Straßburg teil. Der Feldzug endete nach 6 Monaten und am 29. Oktober 1815 rückten die Truppen wieder in Schleiz ein.

Nun folgte eine Friedenszeit von über 30 Jahren. Die vier nicht kriegsstarken Kompanien lagen in der Hauptsache in Gera, Greiz, Schleiz und Ebersdorf und wurden gelegentlich zu sogenannten Friedenseinsätzen abgestellt. Zum Beispiel zu Patrolliengängen an der bayerisch-böhmischen Grenze, zu Fourage- und Geleitdiensten. In der Bewegung von 1848 wurde das reußische Bataillon verschiedentlich als Reichshilfe in thüringischen Staaten eingesetzt.

Am 21. März 1849 erfolgte der Abmarsch zum Feldzug nach Schleswig-Holstein, dem deutsch-dänischen Krieg. Im April 1849 kämpfte das Reußische Bataillon zur Unterstützung der Standbatterien in der Nähe der Stadt Eckemförde gegen die dänische Flotte. Am 01. August 1849 kehrte die Truppe nach Verlust von einem Toten und 6 Verletzten wieder zurück. Während des preussisch-österreichischen Krieges 1866 bildete das reußische Kontingent einen Teil der Besatzung der Feste Rastatt. Eine Merkwürdigkeit dieser Zeit war, daß Reuß j.L. auf Seiten Preussens, Reuß ä.L. aber auf Seiten Österreichs stand.

Nach der Beendigung dieses Krieges erfolgte die Gründung des Norddeutschen Bundes unter der Führung Preussens. In diesem Zusammenhang erfolgte am 01. Oktober 1867 der Abschluß der Militärkonvention zwischen Preussen einerseits und Sachsen-Altenburg, Schwarzburg und Reuß andererseits. So entstand aus den Kontingenten der reußischen Fürstentümer das in Gera garnisonierte 2. Bataillon des 7. Thüringer Infanterie-Regiments Nr. 96. Als dessen Stiftungstag gemäß einer AKO von 1903 der 1. Juli 1702 festgesetzt wurde.

Am 26. Juli 1870 marschierten die 96er in den Krieg. Nach Kämpfen in Metz, Beaumont und Brie verblieb das Bataillon bis Mai 1871 in Frankreich. Fazit: 103 Tote. Am 17. Juni 1871 zieht das Regiment unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wieder in Gera ein und wird auf dem Markt feierlich empfangen.

Am 01. April 1899 ging das 7. Thüringer Infanterie Regiment Nr. 96 aus dem Verband des 4. Armeekorps, dem es seit seiner Gründung im Oktober 1867 angehört hatte, in den Verband des 11. Armeekorps über und bildete seit dieser Zeit mit dem 5. Thüringer Infanterie Regiment Nr. 94 die 83. Infanterie Brigade und gehörte der 38. Division an. In diese Zeit fällt auch der Bau der neuen Reuß Kaserne. Die alte, 1848 als Korrektions- und Arbeitshaus errichtete Geraer Kaserne, war seit März 1849 in Benutzung, 1865 erweitert und der Exerzierschuppen gegenüber genügten längst nicht mehr den Anforderungen an hygienisch einwandfreie Kasernenbauten. Für zwei Bataillone wurde daher auf einer Fläche am Flurstück „Alter Markt" eine neue Unterkunft errichtet Das 2. Bataillon bezog die neuen Bauten am Fuß des Steinertsberges am 01.Oktober 1906 und zog damit aus der Stadtmitte aus. Eingeweiht wurde die neue Kaserne am 04. November 1906. Am 30. September 1909 folgte die Verlegung des in Altenburg untergebrachten Regimentsstabesnach Gera und am 01. Oktober 1909 bezog das bisher in Naumburg stationierte l. Bataillon die neuen Räumlichkeiten. Im Januar 1913 kam die MG-Kompanie neu hinzu.

Der 02. August 1914 ist für das Regiment der Tag der Mobilmachung. Am frühen Morgen des 08. August erfolgte der Abmarsch aus Gera. Die ersten Einsätze erfolgten am westlichen Kriegsschauplatz. Hier speziell um die Festung Namur in Belgien. Der erste Tote in diesem Krieg war der Musketier Eichhorn aus Gera-Debschwitz. Der weitere Weg führte die 96er nach Ostpreussen, Süd- und Nordpolen sowie Galizien. Es folgten die große Schlacht bei Lodz und weitreichende Einsätze an der russischen Front. Anfang Oktober 1915 erfolgte die Verlegung an die Westfront. Hier führte der Weg der 96er von Noyon an der Oise über die Höhe 304, Toter Mann, Sommeschlacht, Schlacht bei Arras auf alle französischen Kriegsschauplätze. Es folgten Flandern und weiter bis 1918 schwere Einsätze in Frankreich. In der Antwerpen-Maas-Stellung erreichte am 11. November 1918 das Regiment die Nachricht von der Waffenruhe. Der Krieg kostete allein die 96er 3505 Gefallene oder Vermisste.

Am 13. November begann der 5 wöchige Rückmarsch in die Heimat nach Gera. Da man das Regiment wegen der Novemberunruhen nicht in die Kaserne ließ, wurde es ab dem 21. Dezember die Demobilisierung in der Bergschule am Ziegelberg, welche bis Januar 1919 abgeschlossen war.

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